Früher gingen wir immer nach einem Besuch im Auditorio de Tenerife im Kazan essen. Zuerst Hochkultur und dann Esskultur! Dann kam Covid und das immer ausgebuchte Kazan schloß von einem Tag auf den anderen und öffnete nie wieder. Niemand verstand warum. Es kamen neue Restaurants wie das Kiki.
Aber wir vermissten das trubelige Kazan! Nach einem Familienkonzert gingen wir durch Santa Cruz spazieren und entdeckten, dass der Laden unter anderem Namen aufmachte. Neugierig fragte ich nach der Karte. Die Preise waren genauso deftig wie im Kazan.
Der Maitre, Senior Emilio, erklärte mir in gutem Englisch, dass man anstrebe, das qualitativ beste Sushi der Insel anzubieten. Ich zog die Augenbraue hoch und meinte, das hörte ich öfter in letzter Zeit. Ich war nicht überzeugt, aber reservierte gleich einen Tisch für nach dem Gastspiel Konzert der Mailänder Scala, dirigiert vom wunderbaren Altmeister Myun Whun Chung.
Wir immer fuhren wir vom Auditorio zum Parkhaus an der Plaza Espana, das zwar irre eng und oll und das teuerste in Santa Cruz ist, aber bequem fast gegenüber dem Restaurant liegt. Was wir nicht bedacht hatten, war, dass heute der erste Karnevalstag in Santa Cruz war und es schon Umzüge gab. Wir dachten, das wäre erst am Dienstag! Die Strassen waren gesperrt. Auf Schleichwegen kamen wir bis zum (viel billigerem) Parkhaus am Mercado de Nuestra Senora de Africa. Von dort riefen wir an und kündigten unsere Verspätung an, was Gottseidank kein Problem war. Ein Problem war nur, dass wir auf der falschen Stadtseite waren und der Faschings-Umzug endlos war. Irgendwann gab es eine Lücke und wir konnten die Stadtseiten wechseln. Wir kamen sehr hungrig an.
Der Laden war leer, bis auf einen weiteren Tisch, an dem ein älteres, spanisches Paar sass. Die Einheimischen feierten lieber. Uns freute es, da wir hofften, dass das Essen schnell kommen würde.
Zuerst kam die Sommelière mit ihrer Weinliste. Wir bestellten ein Glas Cava brut natur, aber es gab nur Ökologischen. Ich mag lieber konventionell angebauten und verzichtete, während der Sekt meiner Frau gut schmeckte. Ich bat um Wasser. Es gab nur italienisches Wasser eines Schweizer Konzerns oder Tafelwasser von Coca Cola. Maitre Emilio hörte es und fragte, ob es denn auch gefiltertes Wasser sein dürfte. Dem stimmte ich gerne zu. Es wurde später nicht berechnet.
Nun endlich kam die Karte. Ich bestellte sehr hungrig die ersten 10 Fisch Nigiri der Karte, inklusive Hotatagai. Leider gab es drei Weißfische nicht. Dann bestellte ich stattdessen das Carabineiro Gyoza (japanische Maultaschen). Der kompetente und charmante Schweizer Nicola empfahl dringend, auch die Schweine Gyozas zu nehmen, was wir gerne taten.
Dann kam irgendwann nicht bestellte Edamame, offenbar ein Amuse Gueules. Wir haben die verschlungen. Nicht nur weil wir nun wirklich sehr hungrig waren, sondern weil sie superb schmeckten. Auf dem Foto sehen Sie nur noch die leeren Schalen.
Nach einer Wartezeit kam keine Fischplatte, wie wir erwarteten, sondern nur zwei Häppchen Zander, Suzuki Nigiri von exzellenter Qualität. Nicola erklärte uns, die Soja Sauce bräuchten wir eigentlich nicht, genauso wenig wie Wasabi, da die Sushi Chefs bereits alles würzten. Und Nicola hatte Recht. Es war perfekt. Auch ganz erstaunlich, die üblichen Badewannen, die man für die Sojasauce im Westen bekommt, gab es auch nicht, sondern nur ein Gefäß mit einem Hauch von Soja Sauce, die wir nie brauchten.
Anders als in teuren japanischen Sushibars ging es dann nicht sofort weiter. Eher wie in westlichen Restaurants, wo es Päuschen zwischen den Gängen gibt. Nach dem kleinen Häppchen wurden wir noch hungriger.
Jetzt kam Red Snapper Nigiri. Der Schnapper war etwas trocken und wird sicher nicht unser Lieblings-Nigiri. Aber der Reis war wahrhaft perfekt. Ganz erstaunlich, wo doch meistens der Reis zerkocht, süsslich, essigartig säuerlich oder sonst wie schmeckt. Hier war er wie in einer hochklassigen japanischen Sushibar.
Es kam das Hotategai (Jakobsmuschel) Nigiri, das erstklassig war.
Das Lachs-Nigiri, das nun kam, hatte gar nichts mit dem üblichen, uns bekannten Lachs zu tun. Es war ein geangelter Wildfang aus Alaska. Es schmeckte, ist aber ganz anders als das bekannte norwegische Zuchtprodukt. Lachs gehört traditionell überhaupt nicht zur Sushiküche. Hochwertige japanische Sushibars bieten Lachs nicht an. Aber junge Japaner haben „Sake Nigiri“ im Westen kennengelernt und forderten diesen auch in Japan, so dass es dort mittlerweile auch Standard ist, ausser bei ganz konservativen Meistern.
Wir freuten uns auf den Chutoro, bekamen aber stattdessen Rabil, einem Bonito ähnlichen Fisch der nicht so überzeugte. Chutoro gab es heute nicht. Schade!
Wir warteten auf unseren Lieblingsfisch, dem „fatty Tuna“, dem Otoro Nigiri und es war ein echter Höhepunkt. Wir bestellten gleich noch einmal Suzuki, Hotategai und Otoro Nigiri. Aber Maitre Emilio riet ab. Er empfahl seinen Lieblings-Nigiri, leicht geräucherter Otoro mit Umeboshi, sowie einen Wagyu Nigiri. Wir stimmten zu.
Das hatte jetzt optisch wenig mit den bekannten japanischen Gyoza zu tun, es sah mehr wie ein Unfall aus. Aber ein sehr schmackhafter Unfall. Wir werden diese kreativen Gyoza sicher wieder nehmen.
Die Carabinero Gyozas sahen wie aufgeplatzte Gyozas aus und waren exzellent, noch einmal viel besser als das mit Schweinefleisch. Zum Auftunken der Sauce brachte Nicola noch etwas Reis.
Wir bestellten „para compatir“, also zum Teilen. Großzügigerweise brachte die Küche statt 5 Stück 2 x 3 Stück. Die Großzügigkeit lies ich dann beim Trinkgeld, das Service und Küche teilen, walten.
Wir hätten Emilio und auch die Sushi Chefs, wovon der Jüngere perfekt deutsch spricht, da seine Mutter Hamburgerin ist, knutschen können, so eine Geschmacksexplosion gab es im Mund. Unbedingt empfehlenswert. Das wäre ein krönender Abschluss des Essens gewesen. Allerdings hat man da mit einem Bissen auch 10 € im Mund!
Nicola empfahl uns ein Dessert zu nehmen. Als Schweizer empfahl er die Schoggi, aber wir wollten lieber das mit Maracuja.
Das letzte Nigiri ist wohl eine Entwicklung des Executive Head Chefs David Arauz (Madrid, 1 Michelin Stern) und hat mit der japanischen Küche meiner Meinung nach nicht viel zu tun, auch wenn es japanisch daher kommt. So etwas habe ich nie in Japan gesehen und das hat Gründe. Das Wagyu ist mehr ein harter Schinken und im Inneren ist frittierter Reis. das mag innovativ sein, ist aber furztrocken und schmeckt auch nicht besonders.
Zum Nachtisch gab es dieses Tartelette. Meiner Frau schmeckt es gut, ich fand es nicht besonders. Vielleicht hätten wir auf Nicola hören sollen und das Schokoladen-Dessert nehmen müssen.
Übrigens, das Restaurant Shibui Tenerife gehört dem Deutsch-Kanarischen Unternehmer Marcos Werth Ascanio (u.a. PITUTEDI SL).
Adresse: Paseo de las Milicias de Garachico, Nr. 1, Santa Cruz de Teneriffa
+34 922 148 502
info@shibuitenerife.com
www.shibuitenerife.com
Dienstag bis Samstag
von 13:30 – 15:30 Uhr
von 21:00 – 23:00 Uhr
Ja, es kostet viel. Wir zahlten mit Trinkgeld 230 €. Es war aber auch sein Geld wert und wir verliessen das Restaurant glücklich und tauchten noch in den Carnaval von Santa Cruz ein, ehe wir den Babysitter zuhause ablösen mussten.
Fazit: Eine echte Bereicherung der Küche auf Teneriffa! Wenn auch nicht jeder Gang sass, so gab es einige bemerkenswerte „Gänge“. Das Restaurant öffnete erst am 9.1.2024, also vor einem Monat, da kann vermutlich noch nicht alles perfekt sein. Auffallend ist der liebevolle und kompetente Service. Störend sind die sehr langen Pausen zwischen den Gängen. Hoffentlich wird die Routine es bald verkürzen. Schade ist, dass sie erst um 21 Uhr öffnen. Da sollte man vorher schon eine Kleinigkeit gegessen haben, um nicht ultrahungrig anzukommen. Das ist nicht zum Sattessen, sondern zum Geniessen. Werden wir wieder herkommen? Na klar, nach jedem Konzertbesuch im Auditorio gehen wir hin und freuen uns schon vorher darauf. Jetzt wissen wir auch, was wir bestellen werden!